Hamburger Abendblatt 15.03.11

Themen-Ausstellung: So weit das Auge reicht
Von Wolf Jahn

Galerie Conradi
Foto: Galerie Conradi

Bunt, verspielt und bisweilen überladen: 18 Kunstschaffende zeigen zum zehnjährigen Bestehen in der Galerie der Woche Conradi "Mehr als Zuviel".

Galerie Conradi. Wir befinden uns mitten im Palmenhain. Oder an einem Ort, der sich auf den ersten Blick dafür anbietet. Hohe Bäume, mehr orange als grün, schießen zu futuristischen, bewohnbaren Baumkronen empor. Schon bald wird klar: Dieser Wald ist künstlichen Ursprungs - er ist eine Science-Fiction-Vision des Künstlers Stefan Wepil. Diesen Baumbestand durchweht eine Brise von 60er-Jahre-Futuro-Nostalgie.

Wepil, dessen kleine Formate in den Räumen der Galerie Conradi ins Überdimensionierte aufgeblasen wurden, stellt dort zusammen mit 17 weiteren Kunstschaffenden unter dem Motto "Mehr als Zuviel" aus.

Es ist eine Themen-Ausstellung: farbig, verspielt und überladen, dann aber auch streng schwarz-weiß, konzeptionell oder mit deckenhohen Bildtapeten an den Wänden. Und mit einem Video, das via Schaufenster-Projektion zum Open-Air-Kino einlädt. Auf einem kleinen Podest parken jede Menge liebevoll gebastelte Miniatur-Auto-Scooter in Reih und Glied. Passend zu einem Film, der einen endlosen Treppengang in den Himmel suggeriert, schwebt darüber eine filigrane Wolke aus Draht.

"Mehr als Zuviel" präsentiert sich als Schau der Galerie der Villa anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens in den Räumen der Galerie Conradi. Die von Peter Heidenwag und Corinna Koch kuratierte Ausstellung will im Sinne einer thematischen Gruppenschau normal sein, auch wenn sie sich ihre Normalität erst erkämpfen muss. Denn ein Teil der Kunst der hier Ausstellenden wäre vor wenigen Jahren noch als Outsider Art, Art brut oder als Kunst geistig Behinderter bezeichnet worden. Heute versucht man den entgegengesetzten Weg. In der Galerie Conradi stehen die Bilder und Werke von Out- wie Insidern deshalb gleichrangig nebeneinander. Das funktioniert hier gut, wenn auch nicht immer.

Aber auf Nivellierung sind Ausstellungen wie diese auch nicht ausgelegt, eher auf Verzicht auf stereotype Unterscheidungen und populäre Reaktionen, die niemanden zufriedenstellen. Ist es entscheidend, ob ein Autist zeichnet oder ein akademisch geschulter Künstler? Die Begegnung mit Kunst sollte diese Frage jedenfalls nicht schon im Vorfeld kanalisieren. Denn oft verhindert das Wissen um die besonderen Umstände der Künstler die Beschäftigung mit ihren Werken.

Die Kuratoren taten deshalb gut daran, ihre Ausstellung ausschließlich thematisch zu begründen. Sie wollen Kunst zeigen, die "aus dem Überfluss, der uns umgibt" entsteht, um aus diesem "etwas Einzelnes hervorzuholen und es neu wahrnehmbar zu machen". Das klingt nach einer Variante des Klassikers "Weniger ist mehr". In den Worten der Kuratoren "Mehr als Zuviel".

Galerie Conradi: Mehr als Zuviel bis 29. März, Schopenstehl 20 (U Meßberg), Mi-Fr 12.00-18.00, Sa 12.00-16.00, Führungen 10.3./17.3., jeweils 19.00, 24.3., 14,00 (mit Peter Heidenwag, Corinna Koch und Künstlern)
Galerie der Villa 24.3., 18.00, Atelierbesichtigung

Quelle: Hamburger Abendblatt

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